Kaiserreich und Imperialismus | Modul 12 | Verstehen und urteilen | Brutalität und Menschenrechtsverletzungen ◻◻◻ schwer | ca. 60 min
Unbekannter Fotograf: Gefangene Herero oder Nama, Foto vermutlich vom August 1904 | Bildnachweis (Public Domain, via Wikimedia): Bild anklicken
segu-Module zum Thema Kolonialgeschichte Alte Welt trifft neue Welt Spanische Eroberungen Streit um Kolumbus Trails of tears Atlantic slave trade Imperialismus – Kolonialismus – Rassismus Menschenzoo Völkermord an den Herero
In der Kolonie Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) begann im Januar 1904 ein Aufstand der indigenen Bevölkerung gegen die dort seit Gründung der Kolonie 1884 zugezogenen deutschen Siedler und Kolonialherren. Diese hatten die Viehzüchter der Herero (auch Ovaherero genannt) aus ihren angestammten Siedlungsgebieten vertrieben, denn sie wollten selber Landwirtschaft betreiben und waren außerdem auf der Suche nach Rohstoffen wie Kupfer und Diamanten.
Aktueller Spielfilm-TippIm März 2023 ist der Spielfilm Der vermessene Mensch angelaufen, der die Ereignisse von 1904 eindringlich darstellt und zu einer neuen Diskussion über den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts anregt. |
Bei verschiedenen Überfällen, mit denen sich die Herero gegen ihre Enteignung und Entrechtung wehren wollten, wurden etwa 140 Siedler und Angehörige der Schutztruppen (so hießen die in den Kolonien stationierten deutschen Militäreinheiten) getötet. Der deutsche Generalstab in Berlin entsandte daraufhin 14.000 zusätzliche Soldaten nach Deutsch-Südwestafrika, um die dort bislang nur 2.000 Soldaten zählenden Schutztruppen zu verstärken.
Lothar von Trotha wurde im Mai 1904 als neuer Oberbefehlshaber eingesetzt. Unter seiner militärischen Führung schlugen die deutschen Kolonialtruppen den Aufstand im August 1904 mit großer Brutalität nieder. Am 11. August 1904 spitzte sich der Konflikt während der Schlacht am Waterberg zu. In chaotischen Kämpfen (siehe Quelle 3) wurden hunderte Herero und 28 Soldaten der Schutztruppe getötet.
Die überlebenden Herero flohen in der folgenden Nacht in die Sandwüste Omaheke. Von Trotha ordnete an, den Herero die Rückkehr zu den Wasserquellen abzuschneiden und sie in die Wüste zurückzujagen. Es ist in der Forschung umstritten, wie viele Herero deshalb in der Wüste verdursteten. Nach Schätzungen überlebten zwischen 15.000 und 25.000 Herero die Ereignisse von 1904, vermutlich zwischen 35.000 und 65.000 von ihnen kamen ums Leben. Die deutschen Kolonialtruppen richteten außerdem die ersten sogenannten Konzentrationslager ein, in denen die Herero inhaftiert wurden.
Die brutale Niederschlagung des damals sogenannten „Herero-Aufstandes“ wird von vielen Historikerinnen und Historikern heute als erster Völkermord im 20. Jahrhundert aufgefasst (zur Erklärung, was unter dem Begriff Völkermord zu verstehen ist, lies den Einführungstext zum Modul Streit um ein Wort: Völkermord).
Die Bundesrepublik Deutschland (als Rechtsnachfolgerin des Kaiserreichs) hat sich lange geweigert, die Tötung zehntausender Herero und Nama als Völkermord zu bezeichnen. Seit 2015 benutzt das Auswärtige Amt offiziell den Begriff Völkermord, allerdings gibt es bis heute politische Diskussionen und Streit über die Ereignisse von 1904. Die Bundesregierung lehnt bis heute rechtlich bindende Entschädigungsforderungen entschieden ab, 2021 wurde aber zwischen Namibia und Deutschland ein Aussöhnungsabkommen ausgehandelt: Deutschland entschuldigt sich offiziell für den Völkermord und leistet innerhalb von 30 Jahren 1,1 Milliarden Euro Entwicklungshilfe. Das Abkommen wird aktuell in Namibia sehr kontrovers diskutiert. Bei den Vertretern der Herero und Nama stößt es auf Ablehnung.
Aufgaben
1 | Informiere dich auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung zunächst genauer über die Kolonie Deutsch-Südwestafrika und den Völkermord an den Herero.
2 | Öffne die Seite mit den Textquellen.
Stichworte zum Modul Herero Völkermord | Geschichte | Geschichtsunterricht | Unterricht | Genozid | Lothar von Trotha | Deutsch-Südwestafrika
Die Antworten zu den Aufgaben kannst du entweder in deine Geschichtsmappe schreiben – ganz einfach mit Stift und Papier. Du kannst die Antworten aber auch in die Textfelder unter den Aufgaben eingeben und anschließend ausdrucken oder als pdf abspeichern. Klicke dafür auf das Drucker-Symbol. Hier erhältst du weitere Informationen. |