Industrielle Revolution und soziale Frage | Modul 9 | Quellen untersuchen: Lied | Arm und Reich | Protest und Aufstände | ◻◻ mittel | ca. 30 min
Unbekannter Zeichner, Karikatur aus der Zeitschrift „Fliegende Blätter“ von 1848 | Vollständiges Bild und Bildnachweis (Public Domain, Wikimedia): Bild anklicken
Achtung! | Nach diesem Modul kannst du auch noch das Modul Weberaufstand 1844 | Folgen und Wirkung bearbeiten.
Proteste gegen die schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen hatte es auch schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegeben. Einer der bekanntesten und ersten sozialen Proteste im Zuge der Industrialisierung in den deutschen Ländern war der Weberaufstand in Schlesien von 1844. In dieser Zeit hatte sich sich die Tuchproduktion stark verändert: Wurden Tücher und Stoffe bisher von einzelnen Webern in Heimarbeit hergestellt, verlagerte sich die Produktion jetzt zunehmend in Fabriken mit mechanischen Webstühlen. Textilien konnten so erstens in besserer Qualität und zweitens schneller und damit viel günstiger gewebt werden. Die Weber bekamen für ihre Waren deshalb immer weniger Geld. Viele Familien gerieten in große Not, auch weil Missernten in den 1840er Jahren dazu führten, dass Lebensmittel immer teurer wurden.
Anonymer Verfasser
Das BlutgerichtLied der Weber in Peterswaldau und Langenbielau Der Verfasser des Textes lässt sich nicht mehr feststellen, wahrscheinlich wurde es von mehreren Autoren geschrieben | Das Gedicht ist hier in der damaligen Rechtschreibung abgedruckt | Quelle: Herrmann Püttmann: Bürgerbuch für 1845 S. 199-202 |
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1 | Hier im Ort ist das Gericht,
viel schlimmer als die Vehmen, wo man nicht mehr ein Urtheil spricht, das Leben schnell zu nehmen. |
2 | Hier wird der Mensch langsam gequält,
hier ist die Folterkammer, hier werden Seufzer viel gezählt als Zeugen von dem Jammer. |
3 | Die Herren Zwanziger die Henker sind,
die Diener, ihre Schergen, davon ein Jeder tapfer schind’t, anstatt was zu verbergen. |
4 | Ihr Schurken all‘, ihr Satansbrut!
Ihr höllischen Cujone! Ihr freßt der Armen Hab‘ und Gut, und Fluch wird euch zum Lohne! |
5 | Ihr seid die Quelle aller Noth,
die hier den Armen drücket, Ihr seid’s, die ihr das trockne Brod noch von dem Munde rücket. |
6 | Was kümmerts euch, ob arme Leut‘
Kartoffeln kauen müssen, wenn ihr nur könnt zu jeder Zeit den besten Braten essen? |
7 | Kommt nun ein armer Webersmann,
die Arbeit zu besehen, findt sich der kleinste Fehler dran, wird’s ihm gar schlecht ergehen. |
8 | Erhält er dann den kargen Lohn,
wird ihm noch abgezogen, zeigt ihm die Thür mit Spott, und Hohn kommt ihm noch nachgeflogen. |
9 | Hier hilft kein Bitten, hilft kein Fleh’n,
umsonst sind alle Klagen; gefällts Euch nicht, so könnt ihr gehen, am Hungertuche nagen. |
10 | Nun denke man sich diese Noth
und Elend dieser Armen; zu Hause keinen Bissen Brod, ist das nicht zum Erbarmen? |
Worterklärungen | Vehme: Anspielung auf Vehmengerichte, die illegal geheime Rechtsprechung ausübten | Die Herren Zwanziger: Fabrikanten in Peterswaldau | Scherge: jemand, der im Auftrag eines anderen gewalttätig wird | Cujon/Kujon: jemand, der als gemein und niederträchtig angesehen wird
Stichworte zum Modul Weberaufstand 1844 | Industrielle Revolution | Geschichte | Geschichtsunterricht | Unterricht | Protest | Arbeiter | Unternehmer
Die Antworten zu den Aufgaben kannst du entweder in deine Geschichtsmappe schreiben – ganz einfach mit Stift und Papier. Du kannst die Antworten aber auch in die Textfelder unter den Aufgaben eingeben und anschließend ausdrucken oder als pdf abspeichern. Klicke dafür auf das Drucker-Symbol. Hier erhältst du weitere Informationen. |