Otto von Bismarck ist einer der bekanntesten deutschen Politiker des 19. Jahrhunderts. Das folgende Schaubild gibt dir erste Informationen über Bismarck und wie an ihn erinnert wurde und wird.
Warum ist Bismarck heute so umstritten? Und wie soll mit den zahlreichen Bismarckdenkmälern, Bismarcktürmen, Bismarckstraßen und -plätzen umgegangen werden?
In Hamburg wurde in den vergangenen Jahren um das monumentale Bismarckdenkmal im Elbpark heftig gestritten, nachdem die Stadt 2020 mit der Restaurierung des maroden Denkmals begonnen hatte. Alternativ wurde von Kritikern Bismarcks der Abriss des Denkmals vorgeschlagen.
Stell dir vor, du wärst Politikerin oder Politiker in Hamburg und solltest über den Erhalt oder den Abriss des Denkmals entscheiden. Was wäre dein Vorschlag? Und egal, ob das Denkmal stehen bleibt oder nicht: Auf jeden Fall soll eine Informationstafel am Ort des Denkmals errichtet werden, die Besucherinnen und Besuchern des Elbparks erklärt, was es mit Bismarck und dem Denkmal – oder mit dem Ort, an dem es stand – auf sich hat.
Lies dir zuerst die sechs Argumente zur Beurteilung der Politik Bismarcks durch (klicke mit Hilfe der Pfeile nach links oder rechts):
Argument 1 - Reichsgründung
Argument 1 – Reichsgründung
Anfang 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet. Einen deutschen Nationalstaat gibt es also erst seit gut 150 Jahren. Bismarck gilt als entscheidender Politiker, der die Reichsgründung unter preußischer Führung vorangetrieben hatte. Er nutzte den Sieg über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg, um die Fürsten und Könige anderer deutscher Länder von einem Nationalstaat unter preußischer Führung zu überzeugen. Die Durchsetzung des deutschen Nationalstaats „von oben“ ist ein wichtiger Grund für die spätere Bismarck-Verehrung.
Das Gemälde von Anton von Werner aus dem Jahr 1885 stellt die Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles am 18. Januar 1871 dar. | Bildnachweis: public domain, Wikipedia
Argument 2 - Blut und Eisen
Argument 2 – „Eisen und Blut“– Krieg als Mittel der Politik?
Die Reichsgründung hatte aber einen hohen Preis. Um Preußens Vormachtstellung gegenüber Österreich und Frankreich zu erkämpfen, führte Bismarck mehrere Kriege, die später „Einigungskriege“ genannt wurden. In diesen Kriegen wurden über 200.000 Menschen getötet. Bismarck machte aus seinen kriegerischen Absichten keinen Hehl, als er bereits 1862 in einer Rede forderte: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen –, sondern durchEisen und Blut“. Später wurde oft gesagt, Kriege seien im 19. Jahrhundert noch ein legitimes Mittel der Politik gewesen. Andere Historiker/innen behaupten aber, es hätte auch friedliche Wege zur Reichsgründung geben können.
Die in Österreich veröffentlichte Karikatur von Karl Klic aus dem Jahr 1870 kritisiert die Kriegspolitik Bismarcks. | Bildnachweis: public domain, Wikipedia
Argument 3 - Bündnispolitik
Argument 3 – Bündnispolitik nach 1871
Nach der Reichsgründung strebte Bismarck dann eine möglichst auf Ausgleich bedachte Außenpolitik an. Seine Bündnispolitik mit Österreich-Ungarn und Russland verfolgte das Ziel, den „Erbfeind Frankreich“ zu isolieren. Während der Regierungszeit Bismarcks kam es zu keinen weiteren Kriegen mehr. Diese Strategie wird auch als Saturiertheit (bedeutet: Sättigung) bezeichnet. Später, lange nach Bismarcks Tod, war der Dauerkonflikt mit Frankreich allerdings ein wichtiger Faktor, der zum Ersten Weltkrieg führte.
Das Schaubild stellt die Bündnispolitik Bismarcks dar. | Bildnachweis: public domain, Wikipedia
Argument 4 - Verfolgung der Gegner
Argument 4 – Sozialistengesetz
Innenpolitisch ging Bismarck scharf gegen seine politischen Gegner vor. Am meisten verhasst war ihm die Arbeiterbewegung. 1878 verabschiedete der Reichstag auf Betreiben Bismarcks das Sozialistengesetz, das bis 1890 gültig blieb. Sozialdemokratische oder kommunistische Vereine, Versammlungen oder Zeitungen wurden verboten. Allerdings blieb die Wahl sozialdemokratischer Politiker weiter möglich. Auf lange Sicht war die Bekämpfung der Sozialdemokraten nicht erfolgreich. 1912 wurden sie zur stärksten Fraktion im Reichstag. Die Sozialistengesetze gelten als Ausdruck der antidemokratischen Haltung Bismarcks. Auch gegen andere Gruppen wie Polen und Katholiken ging Bismarck mit großer Härte vor.
Auf der anderen Seite sah Bismarck die Notlage der Arbeiterfamilien und versuchte – auch um eine Revolution zu verhindern – durch die Einführung der Kranken-, Renten- und Invalidenversicherung in den 1880er Jahren die Sprengkraft der sozialen Frage zu entschärfen. Das Modell der Sozialversicherungen erwies sich als wegweisend. Es prägt bis heute den deutschen Sozialstaat und wurde zum Vorbild für die Kranken- und Rentenversicherung auch in vielen anderen Staaten der Welt.
Das Plakat von 1914 wirbt mit dem Erfolg der Sozialversicherungen seit 1885. | Bildnachweis: Deutsches Historisches Museum
Argument 6 - Kolonialpolitik
Argument 6 – Kolonialpolitik
Zwar war Bismarck zunächst skeptisch gegenüber dem Nutzen von Kolonien eingestellt, dennoch stieg das Deutsche Reich während seiner Kanzlerschaft in den 1880er Jahren zur damals drittgrößten europäischen Kolonialmacht auf. Das Deutsche Reich hatte seit 1884 Kolonien in Afrika, in der Südsee und in China. Die deutsche Kolonialpolitik zwischen 1884 und 1918 gilt als äußerst brutal. Die blutigen Kolonialkriege in Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika fallen zwar erst in die Zeit nach Bismarcks Kanzlerschaft, dennoch gilt Bismarck unter Historiker/innen, die sich kritisch mit der Kolonialgeschichte auseinandersetzen, als wichtiger Wegbereiter der Ausbeutung, Entrechtung und teils der Vernichtung der indigenen Bevölkerung in den Kolonien.
Die Zeichnung von Adalbert von Rößler aus dem Jahr 1884 zeigt Bismarck bei der Kongokonferenz, bei der die europäischen Mächte Afrika unter sich aufteilten. | Bildnachweis: public domain, Wikipedia
Stichworte zum Modul Bismarck kontrovers | Reichsgründung | Bündnispolitik | Sozialistengesetze | Sozialpolitik | Kolonialpolitik | Eisen und Blut | Geschichte | Geschichtsunterricht | Unterricht | Urteilen | Denkmal | Informationstafel
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