1933 | Die Zerstörung der Demokratie | Hätte Hitler verhindert werden können?
Nationalsozialismus | Modul 2 | Verstehen und Urteilen | Errichtung der NS-Diktatur | ◻◻◻ schwer | ca. 80 min
Kann eine Demokratie sich selbst zerstören? Genau das passierte in den ersten drei Monaten des Jahres 1933 in Deutschland, als Adolf Hitler erst Kanzler wurde und dann die Demokratie mit Verordnungen und Gesetzen, also „legalen“ Mitteln zur Diktatur machte. Demokratien sind immer dann bedroht, wenn Parteien gewählt werden, die sie abschaffen wollen. Um besser zu verstehen, wie die NSDAP Anfang 1933 in nur etwa acht Wochen die demokratische Verfassung aushöhlte, schau dir zum Einstieg das folgende Schaubild an und klicke dich durch die drei Stationen.
Reichskanzler Bild
1. Station | 30. Januar 1933 Ein Rechtsextremist wird Kanzler
Zum Foto: Das Kabinett Hitler am 30. Januar 1933. Sitzend in der Mitte Adolf Hitler, links Hermann Göring (Minister für besondere Aufgaben), rechts Franz von Papen (Vizekanzler), im Hintergrund weitere Minister | Zur Erklärung weiterklicken | Bildnachweis: Public Domain, Wikipedia
Reichskanzler Text
Wenige Monate nach Beginn der Weltwirtschaftskrise zerbrach im März 1930 die letzte aus demokratischen Parteien gebildete Große Koalition. Reichspräsident Hindenburg ernannte seither auf Grundlage der Artikel 48 und 53 der Weimarer Verfassung eigenmächtig den Reichskanzler, der jetzt auch ohne Mehrheitsbeschlüsse des Reichstags per Notverordnungen regieren konnte. Bis 1933 wurden von Hindenburg mehrere solcher sogenannten Präsidialkabinette eingesetzt.
Obwohl die rechtsextreme NSDAP bei den Reichstagswahlen im Juli 1932 mit 37,2 Prozent und im November 1932 mit 33,1 Prozent zur stärksten Partei gewählt wurde, verweigerte Hindenburg bis Anfang 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Erst auf Drängen des einflussreichen Franz von Papens, einem parteilosen rechtskonservativen Politiker, übertrug der Reichspräsident am 30. Januar das Amt des Reichskanzlers an Hitler. So wurde der Vorsitzende der NSDAP, der immer wieder die Abschaffung der Republik gefordert hatte, ganz legal zum Chef der neuen Regierung.
Franz von Papen äußerte sich zu Hitlers Ernennung zum Reichskanzler: „Wir haben ihn uns engagiert. ... Was wollen sie denn? Ich habe das Vertrauen Hindenburgs. In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass es quietscht.“
Papen, dem Hitler auf dem Foto die kalte Schulter zeigt, glaubte allen Ernstes, dass Hitler, wenn er erst einmal an der Regierung ist, in der Koalition mit der DNVP "gezähmt", "eingerahmt" und damit "entzaubert" werden könne. | Zur zweiten Station weiterklicken
Reichstagsbrand Bild
2. Station | 28. Februar 1933 Die neue Regierung setzt "bis auf weiteres" die Grundrechte außer Kraft
Zum Foto: Brennendes Reichstagsgebäude am Abend des 27. Februar 1933 | Zur Erklärung weiterklicken | Bildnachweis: Public Domain, Wikipedia
Reichstagsbrand Text
Am Abend des 27. Februars 1933 stand der Reichstag in Flammen. Der Plenarsaal brannte komplett aus. Ursache des Feuers war Brandstiftung. Am Tatort wurde der Kommunist Marinus von der Lubbe festgenommen. Ob er tatsächlich der Täter war oder die Nationalsozialisten den Brand selbst inszenierten, ist bis heute nicht geklärt. Die neue Reichsregierung nutzte den Vorfall dazu, brutal gegen ihre politischen Gegner vorzugehen.
Adolf Hitler nach dem Reichstagsbrand: "Es gibt jetzt kein Erbarmen; wer sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht. Das deutsche Volk wird für Milde kein Verständnis haben. Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird. Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden. Alles ist festzusetzen, was mit den Kommunisten im Bunde steht. Auch gegen Sozialdemokraten und Reichsbanner gibt es jetzt keine Schonung mehr."
Am 28. Februar unterzeichnete Reichspräsident Hindenburg die "Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat", die meist nur Reichtagsbrandverordnung genannt wird. Die in der Weimarer Verfassung garantierten Grundrechte wurden durch diese Verordnung außer Kraft gesetzt. Das Recht der freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit, das Vereins- und Versammlungsrecht und das Briefgeheimnis waren abgeschafft, willkürliche Hausdurchsuchungen und Verhaftungen wurden möglich gemacht. Die Verordnung war der entscheidende Schritt zur "legalen" Ausschaltung politischer Gegner und der Entrechtung und Verfolgung von Minderheiten, insbesondere der jüdischen Bevölkerung.
In den folgenden Tagen und Wochen wurden tausende politische Gegner von der SA und mit Unterstützung der Polizei in "wilden Konzentrationslagern" verhaftet, gefoltert und vermutlich hunderte Menschen getötet. Genaue Opferzahlen sind nicht überliefert. | Zur dritten Station weiterklicken.
Ermächtigungsgesetz Bild
3. Station | 23. und 24. März 1933 Das Parlament schafft sich ab
Zum Foto: Hitler bei seiner Rede während der Reichstagssitzung am 23. März 1933 in der Krolloper | Zur Erklärung weiterklicken | Bildnachweis: CC BY SA 3.0 Bundesarchiv, Wikipedia
Ermächtigungsgesetz Text
Die Reichstagssitzung am 23. März 1933 fand in der Krolloper (einem Theatersaal direkt gegenüber des ausgebrannten Reichstags) statt. Zur Debatte stand das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich", kurz Ermächtigungsgesetz genannt. Das Gesetz sollte der neuen Regierung uneingeschränkt erlauben, Gesetze und Verordnung ohne die Zustimmung des Reichstags zu erlassen.
Adolf Hitler in seiner Rede: „Wir wollen an die Stelle des ewigen Schwankens die Festigkeit einer Regierung setzen, die unserem Volke damit wieder eine unerschütterliche Autorität geben soll. [...] Wir wollen wiederherstellen das Primat der Politik, die berufen ist, den Lebenskampf der Nation zu organisieren und zu leiten."
Für die Verabschiedung des Gesetzes war eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Allein die SPD stimmte gegen das Gesetz.
Der SPD-Vorsitzende Otto Wels begründete die Ablehnung seiner Partei: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht. (...) Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird niemand von ihr billigerweise verlangen und erwarten können, dass sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt."
Die Abgeordneten der KPD waren bereits zuvor verhaftet worden. Ihre Stimmen spielten also keine Rolle mehr. Weil aber die übrigen Parteien dem Gesetz zustimmten, kam die notwendige Mehrheit zustande. So hat sich das Parlament an diesem 23. März per Gesetzbeschluss selbst abgeschafft. Alle Oppositionsparteien wurden in den kommenden Wochen verboten oder lösten sich selbst auf. Vom März 1933 bis 1942 kam der Reichstag noch 19 Mal zusammen. Er bestand jetzt ausschließlich aus Abgeordneten der NSDAP, die zum Schein über einige Gesetze abstimmten.
Stichworte zum Modul 1933 | Geschichte | Geschichtsunterricht | Unterricht | Hitler | Machtergreifung
Die Antworten zu den Aufgaben kannst du entweder in deine Geschichtsmappe schreiben – ganz einfach mit Stift und Papier. Du kannst die Antworten aber auch in die Textfelder unter den Aufgaben eingeben und anschließend ausdrucken oder als pdf abspeichern. Klicke dafür auf das Drucker-Symbol.Hier erhältst du weitere Informationen.