„Zaungäste“ | Die Grenze vom Westen aus gesehen

Lernpfad  Innerdeutsche Grenze und Berliner Mauer | Wahlmodul 3 

Links: Grenze bei Lübeck 1962 – Macht das Tor auf (CC BY 2.0 Don O’Brien, via Wikimedia) – Mitte: Besuchergruppe bei Ratzeburg 1964  – Auch drüben ist Deutschland (CC BY SA 3.0 Ingo Strutz, via Wikimedia) – rechts: Schild bei Ratzeburg 1979 – Die Verwirklichung der Menschenrechte darf kein Lippenbekenntnis sein. Die Beseitigung dieser Schreckensgrenze muss Ziel aller Deutschen sein! (CC BY SA 4.0 Raimond Spekking, via Wikimedia)

 

Die Bürger der DDR durften die innerdeutsche Grenze nicht zu sehen bekommen. Ganz anders in Westdeutschland: Hier entwickelte sich seit den 1950er Jahren ein regelrechter Grenztourismus. Schon in den 1960er förderte der Staat dabei auch Reisen zur „politischen Bildung“ ins sogenannte Zonenrandgebiet. Bereits in den 1970er Jahren kamen jährlich bis zu zwei Millionen Menschen für einen Tagesausflug an die Grenze, um sich die Sperranlagen aus sicherer Entfernung anzuschauen.

Aufgrund des hohen Besucheraufkommens musste der westdeutsche Bundesgrenzschutz Warnschilder und an einigen Orten sogar Besuchersperren errichten, weil es unter den „Freizeitdeutschen, Grenzgaffern und Souvenirjägern“ (so die Historikerin Astrid Eckert) immer auch unvorsichtige Menschen gab, die zum Teil lautstark die Grenztruppen der DDR provozieren wollten.

Die Westdeutschen waren „Zaungäste“ im eigentlichen Sinn des Wortes, denn als Zaungast bezeichnet man jemanden, der sich etwas nur von außen anschaut und unerwünscht ist. Die westdeutschen Besucher waren aus Sicht der DDR unerwünscht, sie hatte aber dennoch keine Möglichkeit, sich gegen den Grenztourismus zu wehren.

Der Grenztourismus hatte auch zur Folge, dass an der Grenze Propaganda betrieben wurde, wobei sowohl aus west- als auch auf ostdeutscher Seite Plakate oder ähnliches aufgestellt wurden.

    Aufgaben

    1 | a) Schau dir die drei Fotos oben an und wähle eines aus. Versuche herauszufinden, was der Spruch, der auf dem Foto zu lesen ist, bedeuten soll.

    Grenze bei Mackenrode, ca. 1960 – Tipps: 1. Auf der Leiter steht „NATO“. – 2. Die Person auf der Leiter soll Konrad Adenauer darstellen. – 3. Das Plakat steht hinter dem Stacheldrahtzaun.

      b) Auch dieses Plakat stand an der innerdeutschen Grenze. Kannst du den Spruch: „Wer hoch hinaus will, fällt tief“ erklären?


       

      2 | Im Video Video „Grenze 78“ (Schau dir nur den Ausschnitt von Minute 19:55 bis 20:30 an) ist von einem „Zooeffekt“ an der Grenze die Rede. Ähnlich äußert sich Jan-Hendrik Prüße in einem Bericht von 2023 über Menschen über ihre Erfahrungen mit der innerdeutschen Grenze:

      Auf alten Filmdokumenten ist zu sehen, wie die Menschen in Offleben im Westen an den Sperranlagen standen und den Ost-Grenzern zuwinkten, Kinder hielten Luftballons in den Händen. Diese Situation hatte in meinen Augen Jahrmarktcharakter mit einer Art Zooperspektive in die damalige DDR. Da schwingt auch ein Ungleichgewicht mit. Die Grenze war offenbar Alltag geworden, sie spielte auf westdeutscher Seite keine Rolle mehr, außer wenn es um Unterhaltung ging. [...] Viele Menschen in der alten Bundesrepublik waren und sind sich zu wenig darüber im Klaren, dass auch sie an einer unmenschlichen Grenze gelebt haben. Die einseitige Sicht auf den Osten sorgte außerdem dafür, dass die DDR-Bürger oft als Deutsche zweiter Klasse angesehen worden sind, denn sie waren dem Narrativ folgend in aller Regel Opfer oder Täter, und als solche wurden und werden sie auch heute noch betrachtet.

      Jan-Hendrik Prüße: Der Westen darf nicht die Deutungshoheit haben. In: Ines Godazgar (Hg.): Grenzschicksale. Als das grüne Band noch grau war. Wettin-Löbejun 2023, S. 310f.

      Versuche mit deinen eigenen Worten zu erklären: Was meinen die Begriffe „Zooeffekt“ oder „Zooperspektive“? Und welches Bild über die DDR-Bürger hat sich nach seinem Eindruck bei den Westdeutschen verfestigt? Was denkst du: Wirkt dieses Bild bis heute nach?

       

      Stichworte zum Modul Zaungäste | Innerdeutsche Grenze | Propaganda | DDR Deutsche Demokratische Republik | Deutsch-deutsche Grenze | Geschichte | Geschichtsunterricht | Unterricht

      Die Antworten zu den Aufgaben kannst du entweder in deine Geschichtsmappe schreiben – ganz einfach mit Stift und PapierDu kannst die Antworten aber auch in die Textfelder unter den Aufgaben eingeben und anschließend ausdrucken oder als pdf abspeichern. Klicke dafür auf das Drucker-Symbol. Hier erhältst du weitere Informationen
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