Kreuzzüge | Quellen

 

Die beiden Textquellen gehören zum Modul „Live aus Jerusalem…“ | Kreuzzüge

 

 

Ibn al-Athīr war ein bedeutender muslimischer Historiker im Mittelalter. Er berichtete über die Eroberung Jerusalems:

Die Franken wandten sich also gegen Jerusalem, nachdem sie Akkon erfolglos belagert hatten, und hielten es nach ihrer Ankunft mehr als vierzig Tage lang eingeschlossen. […] Die Franken nahmen sie [die Stadt] tatsächlich von der Nordseite, morgens am Freitag, dem 22. Šaʿbān [nach christlicher Zeitrechnung der 15. Juli 1099]. Die Einwohner wurden ans Schwert geliefert, und die Franken blieben eine Woche in der Stadt, während derer sie die Einwohner ermordeten. Eine Gruppe von diesen suchte Schutz in Davids Bethaus, verschanzte sich dort und leistete einige Tage Widerstand. Nachdem die Franken ihnen das Leben zugesichert hatten, ergaben sie sich; die Franken hielten den Vertrag. [… In der Al-Aqsa-Moschee] dagegen töteten die Franken mehr als siebzigtausend Muslime, unter ihnen viele Imame, Religionsgelehrte, Fromme und Asketen, die ihr Land verlassen hatten, um in frommer Zurückgezogenheit an diesem heiligen Ort zu leben. Aus dem Felsendom raubten die Franken mehr als 40 Silberleuchter, […] und andere unermessliche Beute.

Die Flüchtlinge erreichten Bagdad im Ramadan. […] Am Freitag kamen sie in die Hauptmoschee und flehten um Hilfe, sie waren in Tränen und rührten zu Tränen bei der Erzählung, was die Muslime in dieser erhabenen heiligen Stadt erlitten hatten: Die Männer getötet, Frauen und Kinder gefangen, alle Habe geplündert. Wegen des schweren Unglücks, das sie erduldet hatten, brachen sie sogar das Fasten.

Auszug aus: Ibn al-Athīr: X (10. Buch), 193-195, zitiert nach: Gabrieli, Francesco: Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, Augsburg 1999, S. 49f.

 

Wilhelm von Tyrus war ein bedeutender christlicher Historiker im Mittelalter.  Er verfasste im 12. Jahrhundert eine Chronik über die Kreuzzüge:

Sofort durchzogen der Herzog und die Seinen in geschlossenen Gliedern, die Schwerter und Helme zückend die Straßen und Plätze der Stadt; alle Feinde, die sie finden konnten, streckten sie mit der Schärfe des Schwertes nieder, ohne auf Alter und Rang Rücksicht zu nehmen. Und es lagen überall so viele Erschlagene und solche Haufen abgehauener Köpfe umher, dass man keinen anderen Weg oder Durchgang mehr finden konnte als über Leichen. Und unsere Fürsten waren mit einer unermesslichen Menge Volkes, das, ohnedies mordlustig, nach dem Blute der Ungläubigen besonders dürstete, auf verschiedenen Wegen, Unzählige niedermetzelnd, schon beinahe bis zur Mitte der Stadt gelangt. […] Es geschah sicherlich nach gerechtem Urteil Gottes, dass die, welche das Heiligtum des Herrn mit ihren abergläubischen Gebräuchen entweiht und dem gläubigen Volk entzogen hatten, es mit ihrem Blut reinigen und den Frevel mit dem Tode sühnen mussten. […] Andere taten sich in Scharen zusammen und gingen in die Häuser, wo sie die Familienväter mit Frauen und Kindern und dem ganzen Gesinde herausrissen und entweder mit den Schwertern durchbohrten oder von den Dächern herabstürzten, dass sie den Hals brachen. […] Als endlich auf diese Weise die Ordnung in der Stadt hergestellt war, legten sie die Waffen nieder, wuschen sich die Hände, zogen reine Kleider an und gingen dann demütig und zerknirschten Herzens, unter Seufzen und Weinen, mit bloßen Füßen, an den ehrwürdigen Orten umher, welche der Erlöser durch seine Gegenwart heiligen und verherrlichen mochte, und küssten sie in größter Andacht.

Auszug aus: Wilhelm von Tyrus: Chronicon Buch 8, 19-21, zitiert nach Wolfgang Lautemann: Geschichte in Quellen, 2. Band, München 1970, S. 369f.

 

Beide Quellen sind eigentlich nicht „live“ (also aus dem Jahr 1099), sondern erst im 12. Jahrhundert entstanden. Sie zählen zu den wichtigsten Berichten über die Eroberung Jerusalems.

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