Rote Armee Fraktion | Terrorismus | Quellen

 

Diese Quellen gehören zum Modul Rote Armee Fraktion | Terrorismus 

 

Quelle 1 | Ulrike Meinhof: „Natürlich kann geschossen werden“ | Der Spiegel“ veröffentlichte im Juni 1970 den Text einer Tonbandaufzeichung von Ulrike Meinhof, die einen Monat zuvor an der Befreiung von Andreas Baader beteiligt und seither untergetauchtwar . | zitiert nach: Natürlich kann geschossen werden. In: Der Spiegel. Nr. 25 (1970), S. 74

Nur sind wir der Auffassung, dass die Organisierung des Proletariats ein Popanz dann ist, wenn man nicht gleichzeitig anfängt, das zu machen, was wir jetzt tun, nämlich die Rote Armee aufzubauen; […] wenn nicht die Form der Ausbeutung und die Form der Unterdrückung nur verändert werden sollen; dass man das überhaupt nicht erreichen kann, wenn man nicht gleichzeitig mit der Organisierung des Proletariats, mit der Arbeit im Betrieb und den Stadtteilen auch die Bewaff­nung betreibt, das heißt, die Möglichkeiten schafft, Auseinandersetzungen durchzustehen. […] wo natürlich die Staatsgewalt einsetzen wird, wo natürlich die Bullen kommen. […] wir sagen, natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in der Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinan­derzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden.

 

 

Quelle 2 | Bundeskanzler Helmut Schmidt: Regierungserklärung zur Schleyer-Entführung am 20. Oktober 1977 vor dem deutschen Bundestag | zitiert nach: Deutscher Bundestag, 8. Wahlperiode, 50. Sitzung, Donnerstag, den 20. Oktober 1977, S. 3760

Ich sage vor allem den jungen Menschen, dass Demokratie nicht allein aus dem Prinzip der Bildung von Mehrheiten besteht. Ihre, letztlich existentielle, Begründung findet Demokratie in der Humanisierung der Politik, das heißt in der Humanisierung des unvermeidlichen Umgangs mit der Macht. Indem die demokratische Verfassung von der Würde des Menschen ausgeht und nicht nur dem Staat, sondern auch dem einzelnen verbietet, mit der Existenz und der Würde des Menschen nach Belieben und Willkür zu verfahren, schreibt sie uns allen die Grenzen unseres Handelns vor. Diese Verpflichtung dem Ganzen gegenüber umfasst auch, den Schwachen zu helfen, Minderheiten nicht auszuschließen und gegenüber Andersdenkenden Respekt zu bewahren. Wer aber aus dieser humanen Geschichte heraustritt, wer an die Stelle des demokratischen Rechts das Faustrecht der Gewalt setzt, der erlebt eine Ausweglosigkeit, in der vermeintliche Macht bis in Selbstzerstörung umschlagen kann.

Wer weiß, dass er so oder so, trotz allen Bemühens, mit Versäumnis und Schuld belastet sein wird, wie immer er handelt, der wird von sich selbst nicht sagen wollen, er habe alles getan und alles sei richtig gewesen. Er wird nicht versuchen, Schuld und Versäumnis den anderen zuzuschieben; denn er weiß: Die anderen stehen vor der gleichen unausweichlichen Verstrickung. Wohl aber wird er sagen dürfen: Dieses und dieses haben wir entschie­den, jenes und jenes haben wir aus diesen oder jenen Gründen unterlassen. Alles dies haben wir zu verantwor­ten.