Napoleonische Herrschaft, Restauration und Vormärz | Modul 5 | Bildquelle untersuchen | Mythen ◻◻ mittel | ca. 40 min
Die Völkerschlacht bei Leipzig wurde von der Nationalbewegung als „Befreiungskrieg“ (siehe das Modul zur Völkerschlacht) gedeutet: Man habe sich von der französischen Herrschaft befreit und leitete aus der siegreichen Völkerschlacht deshalb den Anspruch ab, dass sich Deutschland als Nationalstaat vereinen solle.
Die Umdeutung der Völkerschlacht zum Befreiungskrieg ist allerdings irreführend, weil in der Völkerschlacht nicht „Deutsche“ gegen „Franzosen“ kämpften, sondern zwei Bündnisse unter Führung der jeweiligen Könige und Fürsten. Auf Seiten Napoleons kämpften auch viele „deutsche“ Soldaten der Rheinbundstaaten. Und die große Mehrheit derjenigen, die 1813 die Völkerschlacht miterlebten, hatten noch überhaupt keine Vorstellung von einem deutschen Nationalstaat.
Zur besseren Ansicht den Vollbildmodus oben rechts anklicken!
Karl Russ: Hermann befreit Germania, Radierung von 1818 | Bildnachweis (Public Domain via Wikipedia)
Die frühe Nationalbewegung wollte die Völkerschlacht also dazu benutzen, ihre Ideen zu verbreiten. Die Zeichnung „Hermann befreit Germania“ von Karl Russ aus dem Jahr 1818 ist ein gutes Beispiel hierfür. Um den Anspruch nach einem Nationalstaat zu untermauern, greifen Nationalisten gerne auf nationale Mythen zurück. Unter einem Mythos kann man eine Legende oder Heldenerzählung verstehen, die zwar in das eigene Weltbild passt – auch wenn die historischen Ereignisse eigentlich ganz anders zu deuten sind.
Hermann befreit Germania? Im Titel der Zeichnung stecken gleich zwei nationale Mythen. Erstens Hermann (oder Arminius): Er war Anführer der Germanenstämme, die im Jahr 9 n.Chr. die drei Legionen des Varus besiegten – eine der größten Niederlagen in der römischen Geschichte. Von den Nationalisten wurde die Varusschlacht als „deutscher“ Kampf gegen die Römer umgedeutet – dabei verstanden sich die Germanenstämme der Antike keineswegs als „Deutsche“. Zweitens Germania: Das Bild einer Frau wurde bereits von den Römern als Symbolfigur zur Kennzeichnung ihrer Herrschaftsgebiete verwendet und findet sich zum Beispiel auf römischen Münzen. Die Nationalisten im 19. Jahrhundert machten Germania zur Symbolfigur für den deutschen Nationalstaat. Und noch ein dritter Mythos steckt in der Zeichnung: die erwähnte Umdeutung der Völkerschlacht als Befreiungskrieg.
Die Zeichnung spielt also mit zwei unterschiedlichen Zeitebenen: Die Antike mit Hermann und Germania einerseits, die Völkerschlacht 1813 andererseits. Um die zwei Zeitebenen besser unterscheiden zu können, werden sie in den Erläuterungen zum Bild mit zwei unterschiedlichen Farben markiert.
Aufgaben
Stichworte zum Modul Nationalismus: Hermann befreit Germania | Nation | Nationalstaaten | Nationalbewegungen | Geschichte | Geschichtsunterricht | Unterricht | Karikatur | Völkerschlacht
Die Antworten zu den Aufgaben kannst du entweder in deine Geschichtsmappe schreiben – ganz einfach mit Stift und Papier. Du kannst die Antworten aber auch in die Textfelder unter den Aufgaben eingeben und anschließend ausdrucken oder als pdf abspeichern. Klicke dafür auf das Drucker-Symbol. Hier erhältst du weitere Informationen. |