Impfgegner im Nationalsozialismus | Quellen

Die Quellen gehören zum Modul Impfgegner im Nationalsozialismus

 

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Quelle 1 | Paul Ziegenbalg: Gleichgeschaltet mit Hitler! | in: Deutsche Gesundheitspost, 1. Juni 1933

Gleichgeschaltet mit Hitler!

Ein getreues Spiegelbild der inneren deutschen Zerrissenheit war die Impfgegnerbewegung. Viele Hunderttausende beseelte eine große Idee, die Idee von der göttlichen Reinheit des menschlichen Körpers, der grundsätzlich etwas Vollkommenes darstellt und im gesunden Zustande durch keinerlei künstliche Eingriffe noch verbessert werden kann. Gleichwohl brachten es die deutschen Impfgegner nicht fertig, sich unter einheitlicher Führung zusammenzufinden und gemeinsam die Milderung bzw. Aufhebung des mörderischen Impfgesetzes vom Jahre 1874 anzustreben und durchzusetzen  […].

Wie bejammernswert ist nun, daß es bis vor kurzem noch zahlreiche Impfgegnerverbände und Splitterorganisationen gab. Was hätte sich nicht schon alles leisten lassen, wäre man den Gedanken unseres Reichskanzlers Adolf Hitler früher gefolgt […].

Es gibt, genau genommen, gar keine Meinungsverschiedenheit zwischen den Impfgegnern und Adolf Hitler. Aber es klafft ein Abgrund zwischen der heute noch herrschenden Staatsmedizin und dem Volkskanzler. […] Darum dürfen wir Impfgegner fest davon überzeugt sein, in Hitler unseren größten Bundesgenossen gefunden zu haben. Seiner würdig zu werden macht aber restlose Hingabe an die Idee erforderlich. Impfgegner, […] kämpft für die Reinheit Eurer Kinder, für deren ungebrochene, unverseuchte Lebenskraft, für ihre Zukunft und damit für die Zukunft des deutschen Volkes.

 

Erste Seite des Protokolls der Beratung über die Aufhebung der Impfpflicht am 14. März 1934 – zum Vergrößern anklicken

Quelle 2 |  Professor Siegmund W. van Kapff gehörte dem nationalsozialistischen Verein „Reichsausschuss für Volksgesundheitsdienst“ an. Der Verband prüfte u.a. medizinische Forschung nach den Kriterien der rassistischen NS-Ideologie. In der Beratung des Innenministeriums zur Abschaffung der Impfpflicht gegen Pocken wurde er folgendermaßen protokolliert. | zitiert nach: BAB R 1501/3648, Niederschrift vom 14. März 1934, S. 13-14.

Er sei überzeugt, dass die Mehrheit des deutschen Volkes die Impfung ablehne. Das bestätigt auch die hier ausgesprochene Vermutung, dass, wenn die Gewissensklausel eingeführt werde, nicht 40 Prozent, sondern 75 Prozent von der Befreiung Gebrauch machen würden. Sollte die Zwangsimpfung bestehen bleiben, so werde die Mehrheit des Volkes daran zweifeln, dass in der Medizinalpolitik Deutschlands nationalsozialistische Grundsätze maßgebend seien. […] Er könne nicht einsehen, dass man bei einer Lockerung des Impfzwangs großen Gefahren entgegensehe. Wenn in der Begründung von der Impfung als „von einem geringfügigen Eingriff“ gesprochen werde, so träfe das nicht zu. Man müsse doch bedenken, dass sich die Schädigungen in den meisten Fällen nicht sogleich nach der Impfung, sondern oft erst nach Jahren zeigten. […]

Wenn die Gewissensklausel eingeführt werde, so halte er es für richtig, dass das Publikum darüber aufgeklärt werde, dass Impfschädigungen eintreten könnten. Untragbar sei, wenn in der Begründung ausgeführt werde, dass man für die Impfung ungeheure Propaganda machen müsse, aber jegliche Gefahr der Impfung verschwiegen werden sollte. Das sei nicht anständig. Das Volk müsse die Wahrheit erfahren.

 

Quelle 3 | Als ein Vertreter der Reichswehr nahm auch Anton Waldmann Stellung zur Aufhebung der Impfpflicht. Waldmann war Arzt und als Heeres-Sanitätsinspekteur für die medizinische Versorgung und Gesundheit des Heeres zuständig. In der Beratung des Innenministeriums zur Abschaffung der Impfpflicht gegen Pocken wurde er folgendermaßen protokolliert. | zitiert nach: BAB R 1501/3648, Niederschrift vom 14. März 1934, S. 19-20.

Herr Waldmann führt aus, dass er von der Notwendigkeit der Zwangsimpfung überzeugt sei. Jedes Ding habe Mängel. […] Den Impfschäden müsse weitgehend vorgebeugt werden. Die Gewissensklausel sei vom militärischen Standpunkt aus nicht tragbar. Für das Heer komme sie schon deshalb nicht in Betracht, weil sie dem Führerprinzip widerspreche. Wenn man von der Notwendigkeit der Impfung überzeugt sei, könne es nicht dem Einzelnen überlassen bleiben, die Impfung vornehmen zu lassen oder nicht. […]

Wenn die Kinder nicht geimpft würden, so dürfte die Impfung im späteren Alter im Falle der Mobilmachung eine Verzögerung bedeuten, die verhängnisvolle Folgen haben könnte. Einschlägige Erfahrungen seien 1914 bei der Impfung besonders der älteren Offiziere gemacht worden. Diese hätten, da sie meist seit länger als 20 Jahren nicht geimpft worden waren, nach der Impfung schweres Fieber bekommen und seien nicht selten tagelang dienstunfähig gewesen. Auch könnte man es nicht verantworten, im Falle eines uns aufgezwungenen Zukunftskrieges, der sich vielleicht auf deutschem Boden abspielen würde, im Volke Seuchenherde entstehen zu lassen, die das Heer in der Bewegungsfreiheit hinderten. […] Die Gefahr der Pockeneinschleppung nach Deutschland sei durch die schwarzen Truppen [gemeint sind hier Schwarze Menschen], die unser Gegner gegen uns ins Feld führen könnten, noch bedeutend erhöht. Die Gewissensklausel, das müsste hier noch einmal ganz deutlich ausgesprochen werden, sei nicht notwendig und vom wehrpolitischen Standpunkt aus nicht tragbar.

 

Quelle 4 | Julius Streicher war der Herausgeber der NS-Hetzblatts „Der Stürmer“. Auf eine Anfrage an Adolf Hitler zu seiner Haltung in Bezug auf Impfungen erhielt er im Juni 1934 folgende Antwort. | zitiert nach: Malte Thießen, Immunisierte Gesellschaft. Impfen in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 2017, S. 145

Der Herr Reichskanzler hat schon vor geraumer Zeit angeordnet, dass Anfragen nach seiner Stellungnahme zum Impfproblem dahin zu beantworten seien, dass er nicht Impfgegner sei. Die Gründe, die den Herrn Reichskanzler zu dieser Anordnung bewogen haben, liegen, wie ich streng vertraulich und zu Ihrer persönlichen Kenntnis bemerke, vorwiegend auf wehrpolitischem Gebiet.