Militarismus | Quellen

 

Die Quellen gehören zum Modul Militarismus

 

Wilhelm
Kaiser Wilhelm II.

Quelle 1 | Kaiser Wilhelm II.: Ansprache bei der Rekrutenvereidigung der Potsdamer Garderegimenter am 23. November 1891 | zitiert nach: Penzler, Johannes; Krieger Bogdan: Die Reden Kaiser Wilhelms 2. in den Jahren 1888-1912. Leipzig o.J., S. 196f. | Bildnachweis Portrait Wilhelm II.: Public Domain (via Wikimedia): Bild anklicken

Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) war von 1888 bis 1918 deutscher Kaiser. Er repräsentierte den preußischen Militarismus nicht nur durch sein Faible für ausgefallene Uniformen und Orden, mit denen er häufig vor die Öffentlichkeit trat, sondern auch durch die massive Aufrüstung des Deutschen Reichs und seine aggressive Außenpolitik.

Rekruten! Ihr habt jetzt vor dem geweihten Diener Gottes und angesichts dieses Altars Mir Treue geschworen. Ihr seid noch zu jung, um die wahre Bedeutung des eben Gesprochenen zu verstehen; aber befleißigt euch zunächst, dass ihr die gegebenen Vorschriften und Lehren immer befolgt. Ihr habt Mir Treue geschworen, das – Kinder Meiner Garde – heißt, ihr seid jetzt Meine Soldaten, ihr habt euch Mir mit Leib und Seele ergeben; es gibt für euch nur einen Feind, und der ist Mein Feind. Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, dass Ich euch befehle, eure eignen Verwandten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen – was ja Gott verhüten möge –, aber auch dann müsst ihr Meine Befehle ohne Murren befolgen.

 


 

Wochenblatt
Faksimile des Artikels: Der Offizier

Quelle 2 | Nicht genannter Autor: Der Offizier. Artikelserie in der Zeitschrift Militär-Wochenblatt (1889) | zitiert nach: Militär-Wochenblatt, Jg. 74, Nr. 62 und 67. Berlin 1889, hier: Nr. 62, S. 1311f.; letzter Absatz: Nr. 67, S. 1452.

Der Stolz jedes Deutschen ist die Armee, die Blüthe des Volkes. Deutschlands Heer – Deutschlands Ehr! Der ausgezeichnetste Theil aber, die Elite des Heeres, ist das Offizierkorps.

„Der Geist des Heeres sitzt in seinen Offiziers“ , sagt General v. Büchel mit Recht. Sie sind die untrüglichen Werthmesser für die Brauchbarkeit und Tüchtigkeit der Armee; die Träger des moralischen Elements all‘ jener idealen, ethischen Güter, die allein einen dauernden kriegerischen Erfolg verbürgen, und ohne welche ein Heer seinen hohen Beruf als Schützer des Throns und des Vaterlandes in schwerer Zeit nicht erfüllen kann.

Von der größten Wichtigkeit ist daher der Zustand des Offizierkorps; er ist entscheidend für den Werth des ganzen Heeres. Es wiederholt sich hier, was im Leben allgemeine Erfahrung ist: die unteren Schichten sind stets das, was die oberen aus ihnen machen. […]

In keinem anderen Lande der Welt steht der Offizierstand auf einer so hohen Stufe, nimmt er auf der Skala der menschlichen Gesellschaft einen so hohen Rang, eine so angesehene und geachtete Stellung ein als in Deutschland […]

Die dem Urgedanken des Offizierstandes entstammenden Gesinnungen sind: dynastischer Sinn, unbedingte Treue gegen die Person des Monarchen, erhöhter Patriotismus, Erhaltung des Bestehenden, Vertheidigung der seinem Schutze anvertrauten Rechte seines Königs und Bekämpfung vaterlandsloser, königsfeindlicher Gesinnung. […] Die Stellung als Offizier erfordert gebieterisch eine Mißbilligung aller jener politischen Richtungen, welche das Königthum von Gottes Gnaden bekämpfen […].


 

Quidde
Ludwig Quidde

Quelle 3 | „Von einem deutschen Historiker“ (s. den Buchtitel unten; Ludwig Quidde veröffentliche seine Schrift anonym): Der Militarismus im heutigen deutschen Reich. Eine Anlageschrift | Auszug aus Kapitel II: Der Militarismus in seiner Einwirkung auf die bürgerliche Gesellschaft und den Volksgeist, S. 28, 31, 34 | Bildnachweis Portrait Ludwig Quidde: Public Domain (via Wikimedia): Bild anklicken

Ludwig Quidde (1858-1941) war im Kaiserreich und der Weimarer Republik ein bekannter Historiker, Politiker und Pazifist. Seine hier zitierte Anklage gegen den Militarismus veröffentlichte er anonym. Im Jahr darauf sorgte seine als Satire über Wilhelm II. aufgefasste Publikation „Caligula: Eine Studie über römischen Caesarenwahnsinn“ für Aufsehen. Seither wurde Quidde von den meisten seiner Historiker-Kollegen gemieden. Er engagierte sich daraufhin in der Friedensbewegung. 1927 wurde Ludwig Quidde mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Es ist ja eine nicht wegzuleugnende Thatsache, dass der Offiziersstand, der lediglich nach der kulturellen Bedeutung des Berufes gemessen, offenbar hinter den übrigen gebildeten Bevölkerungsklassen zurückstehen sollte, vielfach gesellschaftlich den ersten Platz behauptet. Es ist das z. T. historisch zu erklären, als ein Überbleibsel aus Zeiten niederer Kulturstufe, in denen für die Behauptung der persönlichen Stellung die Waffentüchtigkeit von wesentlicher Bedeutung war. Dass sich dieses Überbleibsel bei uns länger gehalten hat als in anderen Kulturstaaten, liegt z. T. an der Entwicklung des preußischen Staatswesens, in dem eine einseitig militärische Auffassung lange mächtiger gewesen ist als anderswo, – und dann im neuen deutschen Reich an der Nachwirkung des Krieges von 1870. Die glänzenden Erfolge haben dem Militarismus den Wind in die Segel gebracht, und mit großem Geschick hat man sie für seine Herrschaft zu benutzen verstanden. Das Bürgertum aber hat sich in scheuer Ehrerbietung vor ihm verneigt, als ob nicht das deutsche Volk, sondern der preußische Leutnant ganz allein den Krieg geführt hätte. […]

Die ganze Auffassung von Disziplin, von dem Unterordnungsverhältnis, das vom Befehlenden keine Rechenschaft fordert und dem Gehorchenden das Recht zur Kritik verweigert, diese ganze Auffassung, die für das bürgerliche und öffentliche Leben nicht zu brauchen ist, wird durch dieses Soldatenspielen in den Kriegervereinen genährt. […]

Unter diesem Militarismus leidet notwendig die Seele des Volkes. Es wird gehemmt in seiner Entwicklung zur Freiheit und zur Fähigkeit diese Freiheit zu gebrauchen. […]

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